Herr Biermann, was macht für Sie ein Familienunternehmen in der Hotellerie aus?
Christian Biermann: Ich spreche an dieser Stelle lieber von „eigentümergeführt“. Unser Hotel, das Hotel Prinzregent in München, ist eigentümergeführt. Dieser Begriff erscheint mir in unserem Fall passender als „Familienunternehmen“. Den klaren Unterschied zur Kettenhotellerie machen für mich das langfristige Engagement und Commitment der Angestellten aus. Die Besonderheit des eigentümergeführten Hotels sind demnach die einzelnen Persönlichkeiten, die in der täglichen Arbeit gefordert und gefördert werden. Diejenigen, die bei uns angestellt sind, fühlen sich mit der Destination, den Kollegen und Gästen verbunden. Und Nachhaltigkeit. Wir als traditionsreiches Haus tragen Verantwortung gegenüber dem Mitarbeiter und dem Standort.
Können Familienunternehmen wirklich modern sein?
Gegenfrage: Warum sollen Familienunternehmen nicht auch modern sein? Ihr klarer USP ist, dass sie sogar moderner und innovativer sein können als die großen Ketten, weil sie kurze und schnelle Entscheidungswege haben.
Kann ein Hotel gleichzeitig traditionelle Werte leben und neue Wege gehen?
Tradition und Werte sind eine große Stärke und Chance von eigentümergeführten Hotels. Wir im Hotel Prinzregent haben eine gelebte Historie. Das Haus ist denkmalgeschützt und über 250 Jahre alt. Da ist die Tradition sowieso schon gegeben. Nachhaltigkeit und Authentizität sind aus meiner Sicht die Schlüsselworte. Mit Nachhaltigkeit meine ich vor allem eine nachhaltige und nahbare Hotelführung: Dazu zählen seriöses Arbeiten, eine langfristige Strategie, Wertschätzung der Mitarbeiter, Zusammenhalt im Team – also das Gegenteil von einer Hauruck-Gastronomie.
Warum schließen sich Tradition und Moderne nicht aus?
Authentizität ist ein traditioneller Wert, der generell immer gilt. Mit Nahbarkeit und Nachhaltigkeit schafft man Persönlichkeit. Und das ist ein zeitloser Wert.
Wird das auch von den Mitarbeitern angenommen?
Aus meiner Sicht ist das eine Frage des Leaderships und der Art zu führen. Als Arbeitgeber bzw. Führungspersönlichkeit sollte man den Mitarbeitern eine Vision mitgeben und Transparenz zeigen. Und sich immer fragen: Leben wir vor, was wir erwarten? Was fordern wir ein? Auch Generationskonflikte hat es immer gegeben und wird es immer geben. Ich aber wehre mich dagegen. Die „neue“ Generation möchte die Fehler, die wir gemacht haben, nicht mehr machen. Somit brauchen wir einen neuen Ansatz, wie wir unterschiedliche Lebensmodelle im Hotel vereinen können. Und beziehen dabei auch die Ideen unserer jungen Angestellten mit ein. Ein Beispiel aus unserem Haus: Wir haben das Hotelmanagement digitalisiert und einen Self-Check-In eingeführt. Dank dieser Entlastung haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel mehr Zeit fürs persönliche Gespräch mit den Gästen. Es geht also nicht ums anders, sondern ums besser machen. Und was wirklich besser ist, das müssen wir gemeinsam definieren.