Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM) schätzt, dass zwischen 2018 und 2022 etwa 150.000 Unternehmen mit rund 2,4 Millionen Beschäftigten zur Übergabe anstehen. Das wird auch das Gastgewerbe nicht unmaßgeblich berühren. Wie letztlich die Nachfolge geregelt werden (familienintern, unternehmensintern oder -extern), sei wegen fehlender amtlicher Statistiken schwer vorherzusagen. Die Analysen ließen laut IfM jedoch die Vermutung zu, dass rund die Hälfte der vor der Nachfolgefrage stehenden Familienunternehmen ihr Unternehmen innerhalb der Familie weitergebe. Etwa 18 Prozent der Familienunternehmen werden von Mitarbeitern übernommen und die restlichen 29 Prozent werden an Externe verkauft.
„In dieser Situation kann es wichtig sein, eine Option im Rahmen der Unternehmensnachfolge zu kennen. Unternehmensverkäufe entstehen manchmal aus der Not heraus, keine andere Lösung zum Erhalt des Unternehmens gefunden zu haben. Dabei gewinnt die Familienstiftung als Nachfolgestiftung für strategisch denkende Unternehmer an Bedeutung. Eigentümer können damit ein mögliches Nachfolgeproblem lösen und ihren Betrieb erhalten, auch wenn die Familie überhaupt nicht mehr im Unternehmen tätig ist“, sagt Thorsten Klinkner, Rechtsanwalt und Steuerberater aus Meerbusch bei Düsseldorf. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft UnternehmerKompositionen und berät und begleitet gemeinsam mit seinem Team Familienunternehmer und Investoren vorrangig bei der Gründung von Familienstiftungen als Garant für eine zukunftsorientierte Eigentümerstruktur.
Gerade auch im Gastgewerbe ist die Familienstiftung besonders interessant, betont Thorsten Klinkner. „Einige der ältesten Familienunternehmen weltweit sind in dieser Branche tätig. Die Dienstleistung wird seit Jahrtausenden erfolgreich angeboten. Daher ist der generationsübergreifende Erhalt für diese Unternehmen besonders wichtig, um der eigenen Geschichte gerecht zu werden.“ In der Hotellerie ist die Stiftung als Instrument anerkannt. Unter anderem sind die Arabella Hotels über die Schörghuber Stiftung & Co. Holding und das Hotel Essener Hof stiftungsgeführt.
Doch was steckt genau dahinter? Ein häufiges Ziel einer Stiftungserrichtung sind der Schutz und die Weiterentwicklung der unternehmerischen Substanz durch die Übertragung von Immobilie, Immobiliengesellschaften und/oder Betreibergesellschaften unter das Dach der Familienstiftung. Die Familienstiftung übernimmt als „stabiles Familienmitglied“ die Eigentümerschaft über ein Vermögen und sichert dieses innerhalb einer individuell stimmigen Struktur dauerhaft ab. Das Vermögen wird unter dem eigentümerlosen Dach der Familienstiftung verselbstständigt, denn eine Stiftung gehört nur sich selbst, an ihr bestehen keine Vermögenswerten Mitgliedschafts- und Beteiligungsrechte. Das Vermögen kann dementsprechend nicht zersplittert oder anderweitig auf Gesellschafterebene geschädigt werden.
„Stifter-Unternehmer müssen sich bewusst sein, dass sie und die Nachfolger durch die Errichtung der Familienstiftung die direkte Kontrolle und Verfügungsgewalt über die Gesellschaftsanteile verlieren. Aber zugleich können sie ihre eigenen Vorstellungen in dieses Nachfolgeprinzip einbringen und die Stiftungssatzung nach ihren Vorstellungen gestalten, sodass ihr ‚Geist‘ auch nach ihrem operativen Ausscheiden aus dem Unternehmen weitergetragen wird.“ Dadurch kann ein Hotelier oder Gastronom sicher sein, dass auch ein Fremdmanagement nach seinem Ausscheiden in seinem übergeordneten Sinne tätig wird und Entscheidungen treffen kann, die dem Grundverständnis der Familienstiftung entsprechen. Maßgeblich für die Gestaltung der Familienstiftung und damit der strategischen Unternehmensführung sind nur der Stifter und seine Familie.
„Die Familie bleibt in dieser Gestaltung immer versorgt“, betont Thorsten Klinkner. „Je nach Ausgestaltung der Stiftungssatzung – die einzig und allein durch den Stifter erfolgt – werden bis zu 100 Prozent der Erträge der Stiftung, also der Gewinne aus der eingebrachten Ertragsquelle, an die Bezugsberechtigten ausgeschüttet.“
Die Übertragung von gewerblichen Vermögen in eine Stiftungs-Struktur ist steuerbegünstigt möglich (anders als die reine Vermögensverwaltung von Immobilien). Die Stiftung ermöglicht durch ihre besondere Rechtsstellung eine steuerschonende Ertrags- und Ausschüttungspraxis, sodass das Vermögen durch das Prinzip der Familienstiftung erheblich gestärkt wird.
Auf Erträge innerhalb der Vermögensverwaltung der Stiftung fallen 15 Prozent Körperschaftssteuer an, die Begünstigten unterliegen der Kapitalertragssteuer, die mit 25 Prozent abgegolten werden (im Gegensatz zur persönlichen Einkommensbesteuerung, die bis zu 45 Prozent betragen kann).
Thorsten Klinkner stellt die Möglichkeiten für die Branche heraus. „Grundsätzlich kann jeder Unternehmer eine Familienstiftung errichten. Es kommt nicht zwingend auf die Umsätze oder Gewinne an, sondern auf den strategischen Anspruch eines Hoteliers oder Gastronomen, um das Unternehmen langfristig geschützt in die Zukunft zu führen.“