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Corona-Krise: sind betriebsbedingte Kündigungen unumgänglich oder hilft weiterhin Kurzarbeit die Krise zu überwinden?

Die Pandemie und ihre Folgen fordert das Gastgewerbe in Deutschland weiter stark heraus. Laut Angabe der DEHOGA sind seit April 2020 mehr als 95 % der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse von Kurzarbeit betroffen. Aus diesem Grund wird es sicherlich für viele Gastronomen und Hotelbetreiber unumgänglich werden letztlich doch betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Was ist zu beachten, wenn sie betriebsbedingt Arbeitsverhältnisse beenden möchten? Schließt die Kurzarbeit eine betriebsbedingte Kündigung aus? Welche Pflichten kommen auf einen Arbeitgeber zu bevor er eine Kündigung aussprechen kann? Rechtsanwältin Hoferichter gibt Antworten auf diese Fragen.
Trixi Hoferichter
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Betriebsbedingte Kündigung und Kurzarbeit, wann gilt was? 

Grundsätzlich haben betriebsbedingte Beendigungskündigungen und Kurzarbeit verschiedene Zielrichtungen. Sinn und Zweck der Kurzarbeit ist es, Arbeitsplätze zu erhalten und den Arbeitgeber finanziell vorübergehend zu entlasten. Aus diesem Grund spricht das Gesetz auch von einem „vorübergehenden Arbeitsausfall und nicht von einem „dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfes“. Abgrenzungskriterium für die Frage welches Mittel der Arbeitgeber wählen kann (Kurzarbeit oder betriebsbedingte Kündigungen) es die Frage, ob der Beschäftigungsbedarf kurzfristig oder dauerhaft wegfällt. Bei dem kurzfristigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfes ist immer die Kurzarbeit vorrangig zur Erhaltung der Arbeitsplätze. Bei einem dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarf es ist allerdings die betriebsbedingte Kündigung einschlägiges Mittel.

Beispiel:

Entscheidet ein Restaurantbesitzer, dass er seine Gastronomieräume nicht mehr eröffnen wird, weil er nur noch Liefer- und „To-Go“-Services anbietet, so stellt das einen klassischen Wegfall des Beschäftigungsbedarfes darf. Er benötigt schlichtweg keine Theken- und Schankkraft mehr, keine Spülkraft und kein Servicepersonal im Restaurant. 

Stellt hingegen der Restaurantbesitzer fest, dass er trotz der derzeitigen „Coronaauflagenlockerungen“ sein Lokal noch nicht öffnen möchte, weil sie eventuell derzeit noch nicht rentabel erscheint, so handelt es sich lediglich um einen vorübergehenden Wegfall des Beschäftigungsbedarfes. Hier wird Kurzarbeit das geeignete Mittel sein, um die Krise zu überwinden. 

Was ist, wenn trotz Kurzarbeit die Kündigung von Mitarbeitern unumgänglich werden wird?

In der Vergangenheit sah die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes es als Indiz an, dass bei Arbeitnehmern in Kurzarbeit keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden können. Etwas anderes scheint sich wahrscheinlich in der Rechtsprechung in der Zukunft im Zusammenhang mit Corona zu ergeben, sofern der Arbeitsanfall zunächst als „vorübergehender Arbeitsausfall“ und dann schließlich doch als dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes gestaltet.

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Was ist Voraussetzung für den dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs und damit die Voraussetzung für die betriebsbedingte Kündigung? 

Auch hier müssen betriebliche Erfordernisse geltend gemacht werden, warum der Beschäftigungsbedarf entfällt. Dies kann beispielsweise im Zusammenhang mit der Pandemie der drastische Umsatz Rückgang und Wegfall von Gästen, der Ausfall von Veranstaltungen und geschlossenen Gesellschaften etc. sein.  

Muss die Kündigung unumgänglich sein?

Ja! Grundsätzlich ist vor jeder Kündigung zu prüfen, ob es sich hierbei um das mildeste Mittel handelt. Die Kündigung darf immer nur dann ausgesprochen werden, wenn kein milderes Mittel zur Verfügung steht. D. h. vor Ausspruch jeder Kündigung sind Überstunden abzubauen, Teilzeitmöglichkeiten zu prüfen oder gegebenenfalls auch Versetzungen vorzunehmen. Natürlich immer nur dann, wenn dies auch tatsächlich möglich ist! 

Was muss der Arbeitgeber noch beachten, bevor er eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht?

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber wissen, dass er zunächst immer nur den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin betriebsbedingt kündigen kann, den/die es sozial am wenigsten hart trifft. Hierbei ist eine Abwägung bezüglich Alter, Unterhaltsverpflichtungen und Betriebszugehörigkeit vorzunehmen. Allerdings werden auch nur die Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen verglichen, die gleichwertige Aufgaben übernehmen.

Muss der Arbeitgeber das immer vor der Kündigung prüfen?

Nein, das gilt nicht für Kleinbetriebe und nicht für Arbeitnehmer, die noch nicht so lange im Betrieb sind. Oben gesagtes gilt also nur dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. Spricht, wenn der Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen in Vollzeit beschäftigt (Teilzeitarbeitsverhältnisse werden angerechnet und umgerechnet) und der zu kündigenden Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin mehr als sechs Monate im Betrieb arbeitet. 

Der Mitarbeiter kann nicht arbeiten oder will nicht arbeiten, was dann?

Unabhängig von Kurzarbeit gilt:  Kündigungen aus verhaltensbedingten oder auch personenbedingten Gründen sind immer möglich, sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. 

Wichtig: Änderung der Rechtslage berücksichtigen

Es ist zu beachten, dass sich in der Zeit der Krise auch hier die Aussagen überschlagen können und auch immer wieder neue Gesetze, Verordnungen, Regelungen, Auslegungen oder Dienstanweisungen geschaffen werden, welche die oben getroffenen Aussagen konkretisieren oder verändern. Persönlicher Rat ist daher gerade in der Krise unabdingbar.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate und vertrete ich Sie auch deutschlandweit. Nehmen Sie mit mir Kontakt auf. Sie können mich per Telefon (auch nach 18.00 Uhr) oder per E-Mail erreichen. Die Kontaktdaten finden Sie auf www.arbeitsrecht.services/.

Zur Autorin: Frau Rechtsanwältin Hoferichter berät, vertritt und schult Privatpersonen sowie Firmen aller Größenordnungen und Branchen in allen Themen des individuellen sowie des kollektiven Arbeitsrechts. Sie ist zudem Fachbuchautorin im Springer Gabler Verlag.

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