Was Inhaber Ben Förtsch im Creativhotel Luise für die Umwelt tut, ist ihm quasi in die Wiege gelegt worden. Denn die Eltern des heute 28-Jährigen haben schon in den 1980er-Jahren mit nachhaltiger Betriebsführung angefangen. Die Medien waren voll mit Schlagzeilen über das Baumsterben und Luftverschmutzung, „aber in der Hotellerie war das Thema noch nicht präsent“, wie Ben Förtsch heute berichtet. Seine Eltern haben mit Kleinigkeiten eine ökologische und nachhaltige Betriebsführung begonnen. Sie haben den Abfall am Frühstücksbuffet minimiert und frühzeitig Solarenergie eingesetzt. „Damals war es die größte gewerbliche Anlage, mittlerweile ist sie richtig klein“, sagt Förtsch.
Der Weg zum nachwachsenden Hotelzimmer
Familie Förtsch hat sich von ihrem Weg nicht mehr abbringen lassen. „Wir wollten zeigen, dass Nachhaltigkeit mehr Komfort und Qualität bedeutet und nicht Verzicht“, sagt der Junior-Chef heute und spricht von „Sustainovation“, einer Wortschöpfung als Mischung aus Sustainability und Innovation – immer wieder neue Wege gehen, um den Betrieb nachhaltiger zu gestalten. In den letzten Jahren hat er den Stromverbrauch trotz steigender Gästezahlen um 27 Prozent senken können. Und er kann auf noch mehr eindrucksvolle Zahlen verweisen: Das Creativhotel Luise produziert 58,6 Prozent weniger CO₂ und 90 Prozent weniger Abfall, verbraucht 35,5 Prozent weniger Wasser und 46,9 Prozent weniger Endenergie als vergleichbare Betriebe. Komplett klimaneutral kann er aus eigener Kraft nicht werden. Dazu sind die Flächen in der innerstädtischen Lage nicht groß genug. Den unvermeidbaren CO₂-Ausstoß – zum Teil auch aus externen Quellen wie der Wäscherei – gleicht Förtsch durch Klimaprogramme wie die Aufforstung des Regenwaldes in Panama aus. Mehr noch: Er überkompensiert, sodass eine Übernachtung im Creativhotel Luise sich sogar global gesehen positiv auf das Klima auswirkt. „Bei uns wohnen Sie umweltfreundlicher als zu Hause“, gibt sich Förtsch selbstbewusst und weist darauf hin, dass die Kompensation für ihn der letzte Schritt ist. Vorher geht es um Vermeidung. „Unser Ziel ist es, dass wir irgendwann keine Bäume mehr pflanzen müssen.“
Die Gäste wissen diese ökologische Qualität zu schätzen. „Die Gäste fühlen sich wohler, und wir erreichen eine höhere Zufriedenheit“, berichtet Förtsch. Allerdings müsse der Ansatz gesamtheitlich sein, müsse an allen Ecken und Enden spür- und erlebbar sein. „Der Gast sieht sehr schnell, ob man es ernst meint oder ob Nachhaltigkeit nur Marketing ist.“ Natürlich wurde er mit dem ADAC Tourismuspreis für Nachhaltigkeit und der Goldenen Palme bei Geosaison ausgezeichnet. Doch es geht nicht um Preise. Förtsch selbst sieht sich als „Weltretter“, als einer, der seinen Beitrag zu einer besseren Welt leisten will – nicht als Extremist oder mit erhobenem Zeigefinger, sondern als einer, der Denkanstöße gibt. Wer sein Hotel verlässt, hat die auf jeden Fall bekommen.
Nachhaltigkeit ist in allen Bereichen möglich – angefangen bei Mini-Amenities bis hin zum Wertstoffkreislauf
Nach wie vor ist die Tourismusbranche von einer Wegwerf-Mentalität dominiert. Mini-Amenities in den Bädern und auf den Zimmern im Allgemeinen sowie Kleinverpackungen bei Frühstück-Buffets sind vielerorts an der Tagesordnung. Doch das ist nur das Offensichtliche, denn bei der Bauweise wird kaum auf Wertstoffkreisläufe, bei zugekauften Möbeln kaum auf die Herkunft und Zusammensetzung geachtet. „Das nachwachsende Hotelzimmer“ des Creativhotels Luise zeigt einen Weg auf, wie ein nachhaltiger und ressourcenschonender Tourismus möglich ist, ohne den Geldbeutel der Kunden über die Maße zu belasten. Das Konzept des „nachhaltigen Hotelzimmers“ ist auf jedes Hotel oder jede Pension ebenso skalierbar wie auch auf private Wohnräume.
Es basiert grundsätzlich auf dem Cradle-to-Cradle-Prinzip, einer ganzheitlichen Betrachtungsweise der verwendeten Ressourcen von Anfang bis Ende: „Unser Ziel war es, etwas Neues zu schaffen. So außergewöhnlich, dass es auch für uns eine große Herausforderung wird. Nachhaltigkeit hat in vielen Betrieben an Bedeutung gewonnen, und auch die Hotelindustrie wird zunehmend ‚grüner‘. Das ist natürlich erfreulich. Obwohl sich viele Unternehmen fast ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen zur Nachhaltigkeit erziehen. Nachhaltigkeit wird Teil der Marketing-strategie – ein ganzheitliches Konzept fehlt meistens“, sagt Inhaber Ben Förtsch. „Wer langfristig dem Klimawandel entgegenwirken will, muss das Gesamtbild betrachten. Genau das versuchen wir mit dem nachwachsenden Hotelzimmer. Abriss, Umbau, Ressourcennutzung und Recycling wurden und werden nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip betrachtet und so nachhaltig wie möglich umgesetzt. Dabei verlieren wir den Komfortanspruch des Gasts nicht aus den Augen.“
Die Details machen den entscheidenden Unterschied
Förtsch sitzt im nachwachsenden Hotelzimmer: „Deuten Sie auf irgendetwas, was Sie sehen, und ich erkläre das Prinzip.“ Los geht’s – der Teppichboden: 100 Prozent wiederverwertbare Teppichfliesen aus ausgedienten Fischernetzen. Sie sind langlebig und schalldämmend, aber auch komplett wiederverwertbar. Die Matratzen: Kokos-Matratzen ohne Zusatzstoffe – und super-bequem. Die Möbel: keine Lacke, nur geölt, keine Nägel, wenig Schrauben, dafür biologisch abbaubare Kleber. Wird das Holz nicht mehr benötigt, kann es wieder für Möbel verwendet werden. Die Decke: holzschonende Decken aus Stroh ohne formaldehydhaltigen Kleber. Die Wandverkleidung: Gepresstes Heu, auch noch gut fürs Raumklima und den Duft im Zimmer. Im Bad: neben der „Raumfahrtdusche“ Fliesen, die aus alten Fliesen bestehen und nur eine ganz dünne neue Schicht aus ökologisch verträglichen Materialien haben. Selbst die Bücher in der kleinen Leseecke kommen ausschließlich aus der Region. Nur die Elektrik ist aus Sicherheitsgründen Standard.
Ben Förtsch: „Das nachwachsende Hotelzimmer zeigt, wie sich eine bis ins kleinste Detail geplante nachhaltige Wohnkultur auch in einem Businesshotel installieren lässt und dass diese nicht im herkömmlichen Sinne ‚öko‘ sein muss.“ Das maßgeschneiderte, einzigartige Design des Interieurs begeistert Gäste auf einer neuen Ebene für das Thema Nachhaltigkeit, das nun mit Komfort, Design und einem verträglichen Luxus assoziiert wird. Einen Unterschied zum „klassischen“ Hotelzimmer spürt man erst auf den zweiten Blick – oder eben auf Nachfrage.Dabei soll der Gast die Besonder heiten durchaus erfahren: Das Hotel pflegt eine subversive Informations- und Bildungskultur. Es erzieht und motiviert intrinsisch und visuell zur Nachhaltigkeit. Die Broschüre „Gut schlafen können“ – gedruckt natürlich klimaneutral auf Recyclingpapier und mit mineralölfreien Druckfarben – liegt in jedem Zimmer aus und zeigt die Philosophie des Hauses. Dieses Sendungsbewusstsein gilt nicht nur den Gästen, auch die Hotelbranche profitiert: Als Pionier der nachwachsenden, klimapositiven Hotellerie teilt Ben Förtsch gerne seine Erfahrungen.