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Corona: Bund und Länder beschließen einen Teil-Lockdown für November

Alles wieder auf Anfang: Bund und Länder beschließen einen “Lockdown Light” für den November, der für die Branche drastisch ist. Bereits ab Montag darf die Gastronomie nur noch außer Haus verkaufen, Freizeiteinrichtungen müssen schließen, Veranstaltungen sind untersagt. Auch touristische Übernachtungen sind im November verboten. Die Details zum Beschluss, geplanten Finanzhilfen und Reaktionen und Empfehlungen von Branchenvertretern im Überblick.
Tim Mossholder, Unsplash
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Es gehe darum, eine nationale Gesundheitsnotlage zu vermeiden, betonte Merkel. Dafür brauche es im November eine gemeinsame, befristete Kraftanstrengung. Die Maßnahmen gelten ab 2. November und werden bis Ende November befristet. Ziel ist es, das Infektionsgeschehen aufzuhalten und die Zahl der Neuinfektionen wieder in die nachverfolgbare Größenordnung von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche zu senken. Das öffentliche Leben in Deutschland solle dann im Dezember wieder weitgehend hergestellt werden können. „Wir müssen handeln, und zwar jetzt“, sagte die Kanzlerin. Die Kurve müsse wieder abflachen. Nach Ablauf von zwei Wochen werden Bund und Länder sich erneut beraten und notwendige Anpassungen vornehmen.

Generell verwies die Kanzlerin darauf, dass aktuell über 75 % der Infektionsursachen und -geschehen nicht mehr eindeutig nachverfolgt werden könnten. Demnach könne auch mit Blick auf das Gastgewerbe nicht gesagt werden, dass an bestimmten Orte und in bestimmten Branchen keine Infektionen passieren. 

Kontakte auf absolut nötiges Minimum reduzieren

Alle Bürgerinnen und Bürger sind angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu beschränken. Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit ist daher nur mit den Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes, jedoch in jedem Falle maximal mit 10 Personen gestattet.

Übernachtungsangebote nur noch nicht touristische Zwecke 

Die Bürgerinnen und Bürger sind aufgefordert, generell auf nicht notwendige private Reisen und Besuche – auch von Verwandten – zu verzichten. Das gilt auch im Inland und für überregionale tagestouristische Ausflüge. Übernachtungsangebote im Inland werden nur noch für notwendige und ausdrücklich nicht touristische Zwecke zur Verfügung gestellt.

Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind, werden geschlossen. Dazu gehören etwa Theater, Konzerthäuser, Kinos oder auch Fitnessstudios. Auch der Freizeit- und Amateursportbetrieb wird eingestellt – mit Ausnahme des Individualsports allein, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand. Profisportveranstaltungen können nur ohne Zuschauer stattfinden. Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege werden ebenfalls geschlossen.

Gastronomiebetriebe müssen temporär schließen

Auch Gastronomiebetriebe sowie Bars, Clubs, Diskotheken und Kneipen werden geschlossen. Die Lieferung und Abholung von Speisen ist davon ausgenommen

Schulen und Kitas bleiben geöffnet

Medizinisch notwendige Behandlungen, zum Beispiel Physiotherapien, bleiben weiter möglich. Auch Friseursalons und der Groß- und Einzelhandel bleiben unter Hygiene-Auflagen geöffnet. Der Schul- und Kita-Betrieb geht weiter, die Länder entscheiden über die erforderlichen Schutzmaßnahmen.

Bund will außerordentliche Wirtschaftshilfe gewähren

Unternehmen und Einrichtungen, die von den temporären Schließungen erfasst werden, wird der Bund eine außerordentliche Wirtschaftshilfe gewähren. Bestehende Hilfsmaßnahmen für Unternehmen und Einrichtungen, die auch weiterhin erhebliche Einschränkungen ihres Geschäftsbetriebs hinnehmen müssen, werden verlängert. Dies gilt etwa den Bereich der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft und die Soloselbständigen.

Geplant ist es, kleineren Betrieben (mit bis 50 Mitarbeiter) bis zu 75 Prozent ihrer Umsätze im Vergleich zum Vorjahresmonat zu ersetzen. Größere Betriebe sollen bis zu 70 Prozent erhalten, hier ist noch Klärung von rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit unzulässigen EU-Beihilfen notwendig. Wenn die Arbeitnehmer im Betrieb aber schon Kurzarbeitergeld beziehen, soll dies aber bei der Erstattung der ausgebleieben Umsätze berücksichtigt werden. Die Finanzhilfe wird ein Finanzvolumen von bis zu zehn Milliarden haben. Die Beantragung der Hilfen soll wieder über die Förderbanken der Bundesländer erfolgen. Auch sollen Soloselbständige ein Hilspaket angeboten bekommen. Noch in dieser Woche sollen das Wirtschaftsministerium und das Finanzministerium die Details zu den Wirtschaftshilfe abstimmen und bekannt geben.

Download Beschluss der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 28. Oktober 2020 

Wie geht es jetzt weiter?

Für die Umsetzung des gemeinsamen Beschlusses sind nun wieder die 16 Bundesländer zuständig und verantwortlich. Es ist daher möglich, dass sich die konkreten Regelungen von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. In den nächsten Tagen werden die Landesregierungen diese Verordnungen beschließen. Thüringen stimmt den geplanten Einschränkungen nur bedingt zu. Das Land trage nur „diejenigen Maßnahmen mit, die für eine wirksame Eindämmung des Infektionsgeschehens durch wissenschaftliche Erkenntnisse geeignet und verhältnismäßig“ seien, heißt es in einer Protokollerklärung der Staatskanzlei.

So reagiert die Branche auf den Teil-Lockdown für Hotellerie und Gastronomie:

DEHOGA Bundesverband

Der DEHOGA Bundesverband dringt auf die schnelle Auszahlung der Entschädigung für Gaststätten und Hotels. „Die zugesagte außerordentliche Wirtschaftshilfe, die betroffene Unternehmen für finanzielle Ausfälle im November entschädigen soll, ist zu begrüßen. Wir verbinden dies mit der Erwartung, dass die Hilfen für alle Unternehmen der Gastronomie, Hotellerie und der Cateringwirtschaft schnell und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden“, sagte die Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ am Donnerstag.

Die Schließung der Gastronomiebetriebe ab 2. November für vier Wochen bezeichnete Hartges als „bitter für die Mitarbeiter wie die Unternehmer“. Ebenso bitter sei „das Verbot aller touristischen Übernachtungen, da Übernachtungsangebote nur noch für ’notwendige Zwecke‘ zur Verfügung gestellt werden dürfen. Das kommt einer faktischen Schließung gleich. Viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand, die Verzweiflung wächst“, kritisierte die Dehoga-Chefin.

TV-Koch Henssler

Auf Facebook schreibt der TV-Koch Steffen Henssler: „Ich frage mich, was es bringen soll, eine Branche dicht zu machen, die ja nachweislich kein Infektionstreiber ist. Da wäre es doch mal interessant zu wissen, wer denn überhaupt der große Infektionstreiber ist!? In meinen Augen ist es wirklich an der Zeit, dass Entscheidungen aufgrund von fundierten Erkenntnissen getroffen werden!“

DEHOGA Nordrhein-Westfalen

Wir haben alles und mehr gemacht, als wir mussten. Jetzt müssen wir schließen, obwohl wir kein relevanter Faktor im Infektionsgeschehen sind. Wir sind frustriert!“, sagt Bernd Niemeier, Präsident des DEHOGA Nordrhein-Westfalen. Die angekündigten Ausgleichszahlungen, die der DEHOGA für alle betroffenen Betriebe aus Gastronomie und Hotellerie gefordert hatte, müssen schnell, umfassend und unbürokratisch ausbezahlt werden.

„Der Frust, die Enttäuschung, die Verzweiflung und die Angst in der Branche sitzen tief“, sagt Bernd Niemeier, Präsident des DEHOGA Nordrhein-Westfalen nach den Beschlüssen, die zwischen Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten verabredet worden sind. Unter der Überschrift: „Wir sind Teil der Lösung, nicht des Problem! Deshalb kein Lockdown – weder light, rechtlich, faktisch“ hatte sich der Hotel- und Gaststättenverband gestern noch an Ministerpräsident Laschet gewendet und für Maßnahmen im geworben, die dort ansetzen, wo es ein signifikantes Infektionsgeschehen gibt – zum Beispiel im privaten Bereich

„Wir halten Mindestabstände ein, achten auf Mund-Nase-Bedeckungen bei Gästen und Mitarbeitern, bauen Plexi-Abtrennungen auf, haben innen wie außen investiert und übertreffen uns in hygienischen Vorkehrungen. Auch die Rückverfolgbarkeit steht oben auf der Agenda. Das sind die Gründe, warum wir im Gegensatz zum privaten Bereich als Infektionsherd fast nicht in Erscheinung getreten sind. Im privaten Bereich hätte man früher beginnen müssen einzudämmen“, kritisiert Niemeier.

Der DEHOGA verweist auf die immer noch katastrophale wirtschaftliche Situation in vielen Restaurants, Kneipen, Hotels, Clubs- und Diskotheken, anderen Gaststätten und bei Caterern aufgrund der Corona-Pandemie und begrüßt den von der Politik beschlossenen finanziellen Ausgleich für die betroffenen Betriebe, für den sich der Verband im Vorfeld stark gemacht hatte. „Das ist das Mindeste, was die Politik machen kann. Jetzt müssen die Hilfen schnell, voll umfänglich und unbürokratisch bereit gestellt werden. Im Übrigen müssen auch Beherbergungsbetriebe Berücksichtigung finden, die nur mittelbar von Schließungen betroffen sind.“ Im Gastgewerbe fühlten sich bereits vor den nun angekündigten Schließungen nach Erhebungen des DEHOGA bereits mehr als 70 Prozent in ihrer Existenz bedroht. Die Branche erwartet Umsatzverluste in Höhe von rund 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der DEHOGA NRW fordert mehr denn je von der Politik, die kommenden Tage und Wochen dafür zu nutzen, um sich zu wappnen: „Wir können im Gastgewerbe nicht mehr tun, aber die Politik kann dafür Sorge tragen, dass nach der Öffnung das Infektionsgeschehen, vor allen Dingen im privaten Bereich, nicht wieder so rasant zunimmt und wir wieder die Leidtragenden sein werden“, betont Niemeier abschließend. 

DEHOGA Bayern

Im Nachgang zu den Ergebnissen der Bund-Länder-Gespräche hat der DEHOGA Bayern mit einem Offenen Brief (Download), der von vielen nahestehenden Verbänden und Institutionen mitgetragen wird, an alle Abgeordneten Bayerischen Landtags reagiert. Das entsprechende Schreiben finden Sie im Anhang. Der Verband werde alle möglichen Schritte in die Wege leiten, um Auswirkungen dieser “nicht nachvollziehbaren Beschlüsse” auf unsere Branche zu lindern. Auch wenn die Angst und die Wut im Nacken gerade bei den Hoteliers und Gastronomen sitze, gelte es jetzt einmal mehr kühlen Kopf zu bewahren. Einmal mehr heiße es nun: “kämpfen und sich nicht unterkriegen lassen!”

DEHOGA Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalts Dehoga-Chef Michael Schmidt hat am Mittwochabend die Prüfung rechtlicher Schritte gegen den Lockdown im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur angekündigt. „Es ist eine große Enttäuschung, das ist wirklich dramatisch für uns“, sagte Schmidt. Die finanziellen Hilfen müssten anders als im Frühjahr sehr schnell und unkpmpliziert ausgezahlt werden.

Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG)

Zehntausende Arbeitsplätze gehen verloren“, warnt Guido Zeitler in einer Pressemitteilung, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), angesichts der massiven Einschränkungen für das Gastgewerbe, die heute auf dem Bund-Länder-Gipfel mit Bundekanzlerin Angela Merkel beschlossen wurden. „Das ist aus Sicht der Beschäftigten, die oft bereits seit März in Kurzarbeit sind, dramatisch. Es droht der Verlust von weiteren Tausenden Arbeitsplätzen in der Branche“, befürchtet Zeitler.

Selbstverständlich erfordere das Pandemiegeschehen eine Reduzierung von Kontakten. Das Gastgewerbe habe in der Vergangenheit aber gezeigt, dass der verantwortungsvolle Umgang mit Abstandsregelungen, Hygieneauflagen und der Aufnahme von Kontaktdaten möglich ist. Jetzt drohe der Rückzug in private Räumlichkeiten, die nicht zu kontrollieren seien. Der Besuch im Restaurant, wo die entsprechenden Hygienekonzepten angewandt werden, sei in vielen Fällen sicherer als Treffen im privaten und öffentlichen Raum. Es sei für die betroffenen Beschäftigten schwer nachvollziehbar, warum das Einkaufen im Sportfachgeschäft weiter erlaubt, der Besuch im Restaurant – bei Einhaltungen aller Schutzmaßnahmen – aber verboten ist. 

„Die Branche braucht dringend Hilfe. Es müssen wirksame Förderprogramme her, die schnell und unbürokratisch in allen, auch den großen, gastgewerblichen Unternehmen ankommen,“ so der NGG-Vorsitzende.

Kubicki ruft zu Klagen gegen Teil-Lockdown auf

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hat die von Bund und Ländern getroffenen Corona-Maßnahmen scharf kritisiert. „Ich halte die aktuellen Beschlüsse in Teilen für rechtswidrig. Wenn die Runde der Regierungschefs Maßnahmen verabredet, die bereits mehrfach von Gerichten aufgehoben wurden, wie das Beherbergungsverbot, dann ignorieren die Beteiligten bewusst die Gewaltenteilung. Ich rufe alle Betroffenen auf, rechtliche Mittel gegen diese Maßnahmen einzulegen“, sagte Kubicki der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstag) kurz vor der Bundestagsdebatte am Donnerstag. Angesichts rasant steigender Infektionszahlen hatten sich Bund und Länder auf drastische Kontaktbeschränkungen beim Kampf gegen die Covid-Pandemie geeinigt. Die Maßnahmen sehen unter anderem vor, dass sich nur noch Angehörige des eigenen und eines weiteren Hausstandes gemeinsam in der Öffentlichkeit aufhalten dürfen – maximal zehn Personen. Auf private oder touristische Reisen solle man verzichten. Auch Gastronomiebetriebe und Hotels sollen weitgehend schließen.

Dieser Artikel wird fortlaufend aktualisiert und ergänzt. Stand 29.10.2020, 06:00 Uhr.

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