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Wirtschaftsschutz ist auch im Gastgewerbe wichtig

Kriminelle Angriffe auf Unternehmen nehmen zu. Das reicht von Cyberattacken und Datenklau bis hin zu physischen Bedrohungen und Erpressungen. Das bedeutet: In Hotellerie und Gastronomie besteht hoher Bedarf an professionellen Sicherheitslösungen weit über physische Komponenten heraus. Der Wirtschaftsschutz ist damit für Unternehmen im Gastgewerbe ein wichtiger Bereich der Geschäftsstrategie.
ASW West e.V.

Warum müssen sich Unternehmen mit Sicherheitsfragen auseinandersetzen?

Cyber-Risiken, Entführungen von Mitarbeitern sowie generell eine Verschärfung der Sicherheitslage in viele Weltregionen, Ausspähversuche und Wirtschaftsspionage, globaler Terrorismus: In den vergangenen Jahren haben vielfältige Gefahren Gesellschaft und damit auch die Wirtschaft erreicht, die der weniger kundige Beobachter eher in Hollywood als in Berlin und Hamburg, London und Paris, Amsterdam und Mailand vermuten würde. Die Gefährdungslage wird mittlerweile immer umfassender. „Unternehmen werden Opfer von Cyber-Attacken oder Wirtschaftsspionage, in manchen Regionen dieser Welt sind ihre Mitarbeiter Risiken wie gezielter Entführung ausgesetzt, und durch den zunehmenden Terrorismus in Europa ist auch die Wahrscheinlichkeit gestiegen, von einem Terroranschlag betroffen zu sein. Im Bereich der Wirtschaftskriminalität steigen die Gefahren ebenso eklatant und führen zu gigantischen Schäden“, sagt Christian Vogt, Vorsitzender des Wirtschaftsschutzverbandes ASW West e.V. Der Verband bietet eine branchenübergreifende Plattform für einen Informationsaustausch zu sicherheitsrelevanten Herausforderungen der Privatwirtschaft. Durch ein umfangreiches Portfolio an Leistungen fördert der Verband die Kriminalprävention.

Existieren konkrete Zahlen zu den Schadenhöhen?

Durch Diebstahl, Spionage und Sabotage entsteht der deutschen Wirtschaft jährlich ein Gesamtschaden von 223 Milliarden Euro. Damit haben kriminelle Attacken erneut für Rekordschäden gesorgt: Die Schadenssumme ist mehr als doppelt so hoch wie in den Jahren 2018/2019, als sie noch 103 Milliarden Euro pro Jahr betrug. Neun von zehn Unternehmen (88 Prozent) waren 2020/2021 von Angriffen betroffen. In den Jahren 2018/2019 wurden drei Viertel (75 Prozent) Opfer. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Studie des Digitalverbands Bitkom, für die mehr als 1.000 Unternehmen quer durch alle Branchen befragt wurden.

Und was bedeutet Wirtschaftsschutz ganz konkret?

Wirtschaftsschutz bedeutet laut Christian Vogt zunächst die Summe aller Maßnahmen, die Einrichtungen jedweder Art ergreifen, um Mitarbeiter und materielle und immaterielle Vermögenswerte zu schützen und eine abgesicherte ökonomische Entwicklung möglich zu machen. Wirtschaftsschutz versetzt eine Organisation in die Lage, im Rahmen eines sicherheitsrelevanten Vorfalls weiterhin wie gewohnt zu funktionieren, da Kompetenzen und Verantwortlichkeiten definiert sind. Beim Bundesnachrichtendienst wiederum heißt es zum Hintergrund: Mit der rapide voranschreitenden Digitalisierung und der immer stärkeren Vernetzung nehmen auch die Zahl möglicher Angriffswege rasant zu. Gleichzeitig können auch klassische Formen der Wirtschaftsspionage, wie der Diebstahl von Firmenwissen, und Sabotage deutsche Unternehmen massiv schaden. Der Schutz des unternehmerischen Know-hows gegen diese einzelnen Angriffsformen stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen.

Wo bestehen die typischen Probleme für Unternehmen im Wirtschaftsschutz?

„Viele Studien und die Erfahrungen der Praxis zeigen, dass gerade der Mittelstand erhebliche Probleme hat, mit den Gefahren umzugehen. Die deutsche Wirtschaft befindet sich mitten im Prozess der digitalen Transformation. Für den Mittelstand stellt dies teilweise eine enorme Herausforderung dar. Die Bedrohungslage hat sich trotz großer Anstrengungen seitens der Wirtschaft, der Wissenschaft und des Staates verschärft: Abwehrmaßnahmen und die Sicherheitsinformationstechnologie haben nicht Schritt gehalten mit der hohen Varianz von Cyberangriffen“, sagt Christian Vogt. Dabei sei Cybersicherheit ein entscheidender Erfolgsfaktor, da nur ein notwendiges Maß an Sicherheit für Anwender und Kunden notwendiges Vertrauen in Digitalisierung schaffe. Der Verbandsvorsitzende führt weiter aus: „Cyberkriminalität, Wirtschaftsspionage und andere kritische Vorfälle wirken sich erheblich auf die Stabilität und Prosperität der Wirtschaft aus. Unternehmen über alle Branchen und Größen hinweg benötigen daher konkrete Unterstützung und Vernetzungsmöglichkeiten, um Wirtschaftsschutz professionell, proaktiv und protektiv zu betreiben. Wir sind sehr besorgt über die wachsenden Bedrohungspotenziale für die deutsche Wirtschaft. Diesen Entwicklungen müssen wir begegnen. Dafür sind alle beteiligten Akteure gefragt, und wir brauchen einen starken Schulterschluss zwischen Unternehmen, Verbänden und öffentlicher Hand. Die ASW West unterstützt die öffentliche Hand im Bedarfsfall selbstverständlich aktiv bei allen Aktivitäten rund um den Wirtschaftsschutz.“

Was sind die größten Sicherheitsrisiken für Unternehmen in Hotellerie und Gastronomie?

Die Sicherheit der Gäste ist laut Christian Vogt das höchste Gut für ein Haus. Somit stehen der Schutz vor Einbrüchen und Diebstählen traditionell im Fokus, ebenso der Schutz des eigenen Personals vor Übergriffen durch gewalttätige Personen. Dabei geht es darum, mittels leistungsfähiger Technik und umfangreichen Dienstleistungen ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten, ohne den Komfort oder die Privatsphäre von Gästen zu beeinträchtigen. Die Bandbreite reicht von manueller Identitätskontrolle mit elektronischen Schlüsselkarten über umfangreichen physischen Einbruchschutz bis hin zu kontinuierlicher Fernüberwachung mit Live-Täteransprache aus einer angeschlossenen Sicherheitszentrale heraus. Schon eine effektive und auf Sicherheitsanforderungen adaptierte Beleuchtungsgestaltung kann beispielsweise ein guter, oftmals unterschätzter Schutz sein. Christian Vogt betont dabei die individuelle Analyse: „Nur wer weiß, welchen Risiken er sich aussetzt, kann angemessen darauf reagieren. Oftmals ist der mechanische Objektschutz nur eine Maßnahme in der Sicherheit für die Immobilie und damit für die Mitarbeiter und Gäste. Durch bestimmte Aktivitäten können Gefahren schon ausgeschaltet werden, bevor sie überhaupt entstehen.“ Mit Blick auf die Gebäudesicherheit ist für Christian Vogt die frühzeitige Planung entscheidend. Er plädiert dafür, bei Bauprojekten von Beginn an Spezialisten für Objektsicherheit einzubinden, um gemeinsam mit dem Architekten die Sicherheitstechnik zu planen und bei der Ausschreibung und Auswahl des Errichters sowie bei der Begleitung der Baumaßnahmen zu unterstützen und die wesentlichen Arbeiten zu koordinieren, um die Qualitätssicherung des Projektes sicherzustellen. Das gelte auch im Bestand. „Im Bestand kann die Einbindung eines spezialisierten Beraters ebenfalls sinnvoll sein. Er kann durch die vorgelagerte Risikoanalyse mit dem Betrieb für Sicherheitstechnik ein sinnvolles Konzept erarbeiten, um optimalen Schutz zu gewährleisten.“ Wichtig sei außerdem, in der Gebäudeplanung die Sicherheitsaspekte bereits zu beachten. Wolle man nachträglich Sicherheitstechnik installieren, scheitere es häufig  an scheinbar trivialen Aspekten wie „Leerrohre“ für technische Umsetzung oder stabile Masten zur Verwendung von Videotechnik, um nur zwei Beispiele zu nennen.

An welche Risiken denken Hoteliers und Gastronomen zu selten?

Auch wenn es sich wie im Film anhört: Wirtschaftsspionage ist auch in Deutschland weit verbreitet, betont ASW West-Chef Christian Vogt. „Ein mögliches Szenario ist das Ausspähen vertraulicher Informationen auf Tagungen und Kongressen, beispielsweise durch externes Servicepersonal oder gerade eingestellte Mitarbeiter in Service und Verwaltung. Gerade bei der Besetzung von Schlüsselpositionen in einem Unternehmen kann die falsche Person erheblichen Schaden verursachen. Daher sollten Hoteliers und Tagungsunternehmer vor allem bei sehr sensiblen Kundenveranstaltungen weitreichende Schutzvorkehrungen ergreifen.“ Sogenannte Background Checks dienen zur Prüfung der Echtheit von in Bewerbungsverfahren angegebenen Daten, der Recherche zur Zuverlässigkeit und Reputation der Person und der Prüfung kritischer Verbindungen und Kontakte. So könne ermittelt werden, ob von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter eine potenzielle Gefahr hinsichtlich wirtschaftskrimineller Vergehen ausgehen könnte.

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