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Vorsicht: Sozialversicherungspflicht auch für Geschäftsführer?

Im Rahmen der Sozialversicherungsprüfung überprüft die Rentenversicherung, ob Arbeitgeber die Beiträge zur Kranken-, Renten- Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung korrekt berechnet und abgeführt haben und alle Meldepflichten erfüllt sind. Mittlerweile werden auch Unternehmer und deren mitarbeitende Familienangehörige überprüft. Das hat zahlreiche Auswirkungen.
Ralf Geithe |iStockphoto

Was ist eine Sozialversicherungsprüfung?

Mindestens alle vier Jahre kommt die Rentenversicherung zur Betriebsprüfung. Die Rentenversicherungsträger prüfen, ob Arbeitgeber die Beiträge zur Kranken-, Renten- Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung korrekt berechnet und abgeführt haben und ihren gesetzlichen Meldepflichten ordnungsgemäß nachgekommen sind. Außerdem wird kontrolliert, ob die Künstlersozialabgabe abgeführt wurde und ob bestehende Wertguthaben insolvenzgesichert sind. Das gilt für Hotellerie und Gastronomie wie für alle anderen Branchen auch.

Welche Besonderheiten treten dabei immer wieder auf?

„Die Rentenversicherung prüft im Speziellen Arbeitnehmer mit Werkverträgen, beispielsweise Studenten, freie Mitarbeiter, Mini- und Midijobber und Subunternehmer ohne eigene Arbeitnehmer, sogenannte Soloselbstständige. Ebenso steht die sozialrechtliche Bewertung von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen im Fokus“, sagt Matthias Gehlen, Steuerberater bei der multidisziplinären WWS-Gruppe in Mönchengladbach. „Dabei tauchen in der Praxis oft Lücken in der Dokumentation der Unternehmen auf. Das hat zur Folge, dass die Prüfer Beiträge für die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nachfordern, im Falle nicht vorsätzlich vorenthaltener Beiträge maximal bis zu vier Jahre.“ Der Steuerberater rät daher zu einem sehr präzisen Umgang mit den sozialversicherungsrechtlichen Pflichten, um sich keinen Schwierigkeiten auszusetzen.

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts wird jetzt auch die Familie geprüft. Was hat es damit auf sich?

„Insbesondere bei Unternehmen, die als GmbH organisiert sind, werden nun der Unternehmer selbst sowie Kinder und Ehegatten stets in die Prüfung einbezogen“, erklärt Matthias Gehlen. Bislang habe diese Prüfung nach individuellem Ermessen des Prüfers stattgefunden. „Damit soll nun zwingend die Abgabepflicht des Unternehmers und dessen Familie überprüft werden. Im Fokus steht etwa die Statusfrage, ob der geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH als Arbeitnehmer oder Selbstständiger anzusehen ist. Auch die im Betrieb tätigen Familienangehörigen werden geprüft. Auf diese nun standardisierte Ausweitung des Prüfungsumfangs sollten Unternehmen vorbereitet sein.“

Wann ist der Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig?

Für GmbH-Geschäftsführer gibt es keine besonderen Regelungen zur Sozialversicherungspflicht. Grundsätzlich unterliegen alle abhängig beschäftigten Arbeitnehmer, also angestellte Geschäftsführer, der Sozialversicherungspflicht. Zu diesem Grundsatz existieren jedoch vielfältige Ausnahmen, die im Wesentlichen unter Berücksichtigung von Kapitalbeteiligungen und Verhältnissen der persönlichen Abhängigkeit zu beurteilen sind. Es bleibt vor allem der Rechtsprechung überlassen, Kriterien zur Einordnung von GmbH-Geschäftsführern zu definieren. Ob eine Tätigkeit als selbstständig oder nichtselbstständig einzustufen ist, richtet sich im Rahmen einer erforderlichen Einzelfallbetrachtung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und ergibt sich regelmäßig aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten. Handelt es sich bei dem Geschäftsführer um einen Mehrheitsgesellschafter, der nicht weisungsgebunden und imstande ist, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen, so ist dieser regelmäßig nicht sozialversicherungspflichtig. Minderheitsgesellschafter beziehungsweise Fremdgeschäftsführer werden hingegen grundsätzlich als unselbstständig eingestuft, weil sie Weisungen der Gesellschafterversammlung erhalten. Und: Selbst wenn eine Selbstständigkeit nach den genannten Kriterien vorliegt, kann es in Sonderfällen dennoch zu einer Rentenversicherungspflicht kommen. „Das muss also unter allen rechtlichen Gesichtspunkten genau geprüft werden. Das sogenannte Statusfeststellungsverfahren ist ein komplexer Vorgang, bei dem Steuerberater beziehungsweise Rechtsanwälte unterstützen“, sagt Matthias Gehlen.

Was sind die möglichen Konsequenzen daraus?

Die Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung erfolgt für Unternehmen in der Regel alle vier Jahre. Sind für diesen Zeitraum nicht alle Melde- und Abgabepflichten im Zusammenhang mit dem Sozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllt, kann es zu Nachforderungen und Säumniszuschlägen (zwölf Prozent pro Jahr) kommen. Ebenso wichtig: Im Fall des Falles schulden Sie den gesamten Sozialversicherungsbeitrag, also auch den Arbeitnehmeranteil. Wurden Beiträge mit Vorsatz nicht bezahlt, verjähren sie erst nach 30 Jahren. Im Extremfall drohen auch strafrechtliche Konsequenzen.

Was rät der Experte?

„Eine rechtzeitige Vorbereitung auf die Prüfung der Deutschen Rentenversicherung ist wichtiger denn je. Besonders wichtig ist der Bescheid über den sozialversicherungsrechtlichen Status. Dieser ist die Basis dafür, ob der Unternehmer und seine Familie Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen oder eben nicht“, betont Matthias Gehlen. 

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