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Mission Future Boss: Im Azubi-Hotel sind 13 Auszubildende sechs Wochen lang Chef im Haus

Alle sprechen über Fachkräftemangel und Ausbildungsvakuum. Im Azubi-Hotel Berlin Mitte setzt die Hotelgruppe Living Hotels darauf Auszubildende aus den eigenen Reihen zu Fachkräften auszubilden. Mit Erfolg. Weil es der nachhaltigste Ansatz der Ausbildung ist.
Derag Livinghotels AG + Co. KG © Andy Rumball
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Auf der Früchteplatte vom Hotelfrühstück liegen die Ananasscheiben akkurat geschnitten neben den Kiwi- und Apfelschnitzen. Ein paar Scheiben sind bereits auf die Teller von Gästen gewandert und schon wird die Platte in die Küche getragen und von Frühstücksleitung Eleni Klinken aufgefüllt. Währenddessen ruft sie ihren Kollegen Nicole und Gelson zu, zwei Cappuccinos an Tisch 7 zu bringen, das Waffeleisen zu reinigen und die Ware, die aufgebraucht wird, zu notieren, später im Teammeeting zu besprechen und nachzubestellen… und zwischendurch immer wieder die Bitte, auf alle Gäste zu achten, dass keiner lange auf seine Bestellung warten muss. Alles ist im Fluss.

Alles gut im Fluss ist auch am Empfang. Abteilungsleiter Kevin Lang und seine Kollegin Hamedeh starten um 6.30 in den Tag mit der Übergabe der Nachtschicht und schon kommen die ersten Gäste zum Check out. Dann werden neue Buchungen aufgenommen, Rechnungen ausgestellt, zwei Damen wird geholfen eine City-App herunterzuladen und mit dem Housekeeping-Team um Thi Ngoc Thuy Nguyen die anstehenden An- und Abreisen koordiniert, das auch jedes Zimmer auf den Punkt bezugsfertig ist.

Hotelalltag wie immer? Eigentlich herrscht im Living Hotel Berlin Mitte an diesem Montag business as usual. Wirklich nicht so ganz. Denn die drei Teams, die hier mit wachen Augen und bester Laune die Regie im Frühstück, der Rezeption und im Housekeeping übernommen haben, sind Azubis. 13 Nachwuchshoteliers aus sechs Ländern, die sonst über Deutschland verteilt wohnen und bei unterschiedlichen Living Hotels ihre Ausbildung absolvieren. Aber jetzt, seit Mitte Oktober nehmen sie für sechs Wochen das Hotel-Zepter in die Hand.

Das zweite Azubi-Hotel ist am Start. Die Erfolgsgeschichte geht weiter.

Reiner Zufall? Fehler im Hotelsystem? Sicher nicht! Wenn der Nachwuchs das Sagen im Haus hat, dann ist Azubi-Hotel Time. Dann geht die Münchner Hotelgruppe der Living Hotels zum zweiten Mal mit ihrem Ausbildungs-Herzens- und zugleich Leuchtturm-Projekt an den Start. Dann ist this special time of the year, worauf das gesamte Unternehmen all die letzten Monate hingearbeitet hat – um die nächste Generation fit für den Arbeitsmarkt zu machen.

„Ich wollte hier unbedingt wieder mitmachen. Ich bin vorbereitet und super motiviert“, so Kevin Lang, 20 Jahre, Auszubildender aus München im 3. Lehrjahr, der bereits 2023 dabei war und sich direkt um den Posten des Abteilungsleiters beworben hat. „Einerseits, weil ich meinen Kollegen helfen kann, aber vor allem, weil ich hier so viel Spaß hatte, jede Menge gelernt und begriffen habe, dass ich viel mehr kann als ich dachte. Darum bekomme ich hoffentlich noch einmal die Chance, neue Erfahrungen für mich mitzunehmen.“

Genau dieser Gedanke steht hinter dem Erfolgsprojekt Azubi-Hotel. Lernen und Lachen. Den Auszubildenden von heute einen Vorgeschmack auf morgen zu geben und wie es sich anfühlt, wenn sie als Fachkraft ausgelernt haben. Ihnen zu ermöglichen, sich selbst auszuprobieren und Verantwortung zu übernehmen. Und es geht darum, sie zu ermutigen, dem Wunsch nachzugehen (sofern er denn da ist), selbst eine Führungsposition anzustreben, weil sie es mit dem richtigen Rüstzeug können.

Das erste Azubi-Hotel, ein Volltreffer. Für die Nextcomer, das Unternehmen, die Branche.

Dass das Azubi-Hotel 2023 kein Einmal-Aufschlag sein sollte, das stand für die Hotelgruppe bereits vor dem Start des Piloten fest, wird die Fachkräfte- wie Ausbildungsvakuum-Situation und die damit einhergehenden, nicht allzu rosigen Zukunftsaussichten für viele Branchen hierzulande doch immer herausfordernder, so dass es an den Unternehmen selbst ist, hier kreativ zu werden und für Aufbruchstimmung durch neue Konzepte zu sorgen.

Vor diesem Hintergrund stellt Living Hotels seine Mitarbeiter, als maßgeblichen Teil der eigenen Identität als Familienunternehmen in den Mittelpunkt und ist enorm umtriebig, Fachkräfte aus dem In- und Ausland zu gewinnen. „Dieses Engagement umfasst gerade auch die Ausbildung, weil es der nachhaltigste Ansatz ist, Fachkräfte aus den eigenen Reihen auszubilden. Wir haben gemerkt, dass es sich auszahlt mit neuen Ideen auf den Markt zu gehen. Mit Initiativen, mit denen sich junge Leute identifizieren können und die dafürstehen, dass Ausbildung nicht gestrig, sondern zukunftsfähig ist“, so Ausbildungs- und Azubi-Hotel Leitung Sophia Pfundstein, die sich dieses Jahr über 30 neue, bereits im Frühjahr besetzte Ausbildungsverhältnisse und damit insgesamt 93 ’so viele wie noch nie‘ Azubis freut.

„Wie gut das erste Azubi-Hotel angekommen ist, sowohl intern wie auch durch mehr Bewerbungen, das hatten wir uns erhofft, doch wissen konnten wir es nicht. Aber wir bekamen schnell Feedback von den Direktoren, wie sichtbar die Fortschritte der ersten Garde waren, wie begeistert sie darüber in ihren Stammhäusern erzählt und damit die Azubikollegen sozusagen angesteckt haben. Als wir dann auch von Berufsschullehrern und Eltern zugetragen bekamen, wie selbstbewusst die jungen Leute aus Berlin zurückkamen, war das für uns die finale Bestätigung, dass wir hier etwas richtig Gutes auf die Beine gestellt haben. Ich kann mich noch gut an ein Gespräch mit einer Mutter erinnern, die mich fragte ‚was habt ihr nur mit meinem Sohn gemacht – da ist auf einmal Ordnung und Ehrgeiz im Kopf‘. Und so haben wir auf Basis all der unterschiedlichen Feedbacks und mit unseren eigenen Zielen, was wir vermitteln wollen, das Azubi Hotel 2024 aufgesetzt.“

Mission Future Boss, Teil I. Bewährtes bewahren, Mut machen, Chancen geben.

Geblieben ist der Kerngedanke, eine Ausbildung mit hohem Mehrwert zu schaffen. Den Auszubildenden einen authentischen Einblick in die reale Arbeitswelt zu geben und sie zu Fachkräften zu machen. Living Hotels will den Berufsanfängern eine qualitativ hochwertige Ausbildungserfahrung außerhalb der eigenen Betriebe ermöglichen. Ein kreatives Umfeld entstehen lassen, in dem sie sich beweisen und Entscheidungen treffen lernen. Ihnen die Gelegenheit geben, ein Team zu führen und durch das eigenverantwortliche Handeln neues Wissen zu erlernen, das so nicht im Berufsschulunterricht vermittelt werden kann und von dem sie ihr gesamtes (Berufs) Leben profitieren werden.

Dafür konnten sich ab Mitte März aus allen Living Hotels in Deutschland sämtliche Azubis ab dem zweiten Lehrjahr bewerben und in einem Motivationsschreiben oder -clip begründen, warum sie dabei sein wollen. Aus über 30 Bewerbungen wurden die 13 Projektteilnehmer in Absprache mit den jeweiligen Hoteldirektoren und Ausbildern ausgewählt. Bevor es für alle nach Berlin ging, folgte eine rund sechsmonatige Vorbereitungsphase mit persönlichen wie virtuellen Lernsessions, Führungscoachings, Onboardings, Kennenlern- und Fragerunden.

Und so wohnen seit Mitte Oktober Eleni (19), Kevin (20) und Thi (31) mit ihren Kolleginnen und Kollegen Ny Aina (25), Hamedeh (35), Jakob (18), Benjamin (21), Nicole (26), Gelson (20), Julia (18), Duc Tam (33), Pia (27) und David (32) – wie in einer großen WG – in eigenen Apartments im gegenüberliegenden, auch zur Kette gehörenden Living Hotel Großer Kurfürst und gehen jeden Tag über die Straße in „ihr“ Hotel. Dass dabei Dinge schief gehen können ist Teil des Projekts. Der Nachwuchs soll gezielt Fehler machen dürfen, sich selbst ausprobieren und daran wachsen. Dass sie eigenständig, aber nicht alleine sind, dafür ist gesorgt. Hier steht Marcus Kaiser, Direktor der beiden Häuser mit seinem Team 24/7 im Hintergrund parat: „Es ist wichtig, dass sie ein Backup haben. Nur so können sie dazulernen und sich frei entfalten, weil sie die Gewissheit haben, dass nichts wirklich schief gehen kann. Wir wollen, dass unsere Azubis die besten Erfahrungen von hier mitnehmen und nach ihrer Ausbildung auf den Markt vorbereitet sind. Natürlich behalten wir sie am liebsten bei uns, was auch zu über 70% der Fall ist, aber hier geht es darum, dass sie so viel Wissen und Selbstvertrauen bekommen, dass sie für sich auf dem Arbeitsmarkt frei wählen können. Dafür ist die bestmögliche Ausbildung das A und O und genau dafür sorgen wir.“

Auf praktischer und theoretischer Ebene. So hat der Nachwuchs, der für die Azubi-Hotel Zeit von den regionalen Berufsschulen freigestellt ist, vor Ort im Dienstplan einen Berufsschultag pro Woche im Selbststudium. Ferner erhalten sie Workshops, Trainings on the Jobs und Schulungen von Ausbildern, die dazu aus anderen Häusern im wöchentlichen Turnus anreisen. In den sechs Wochen übernehmen die 13 auch die unternehmenseigenen Social Media-Accounts, kreieren und produzieren ihren Content selbst. Und dass der Spaß nicht zu kurz kommt, dafür stehen feine Freizeit- und Team-Aktionen auf dem Berlinplan.

Mission Future Boss, Teil II. Weiterdenken, über den Tellerrand schauen & ab ins Tierheim

Es steht aber auch Neues auf der Agenda. Mit Kevin Lang, der nach seiner Teilnahme in 2023 heuer unbedingt wieder dabei sein wollte, gibt es den ersten Azubi Hotel-Paten – eine Idee, die er selbst vorgeschlagen hat, „weil so die neuen Kollegen im Falle eines Themas erst einmal mich fragen und wir dann im Team die Köpfe zusammenstecken können, bevor wir gleich zum Direktor laufen. Wir wollen versuchen, alleine so weit wie nur möglich zu kommen.“

Erstmalig gehört auch eine Grüne Woche zum Schulungs-Programm, da dieses Themenspektrum die next gen besonders interessiert, für Gäste ein immer wichtigeres Buchungskriterium wird und zudem ideal zur Nachhaltigkeits-Management-Ausrichtung des ganzheitlich Green Globe zertifizierten Unternehmens für eine kontinuierliche Steigerung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Unternehmens-Performance passt.

Im Rahmen der Green Week wird für die Auszubildenden z.B. ein Nachhaltigkeits-Workshop abgehalten. Zudem begleiten die drei Abteilungsleiter ein Green Globe Audit, um zu erleben, wie ein fortlaufender Zertifizierungsprozess abläuft. Und dann gibt es noch ein besonderes Zuckerl: es geht für einen Tag ins Tierheim Berlin, dass die Azubis sehen, wie weit ihre Arbeit reichen und welchen Mehrwert diese durch die Umsetzung einer Idee haben kann. In dem Fall durch das kettenweite Reinigungsverzicht-Projekt, das Teil der Nachhaltigkeits-strategie ist (pro verzichtete Zimmerreinigung spendet Living Hotels 4 Euro an eine soziale Einrichtung, die drei Berliner Hotels unterstützen das Tierheim Berlin). Hier wird vor Ort nicht nur der nächste Scheck i.H.v. 22.396 Euro von den Azubis übergeben (29.072 Euro sind bereits an den Verein gegangen, in Summe also 51.468 Euro), es gibt eine Führung, es werden Schnüffelteppiche für Tiere angefertigt, aktiv im Katzenhaus und in der Verwaltung mitgearbeitet. „Hier wollen alle dabei sein. Mal sehen, wie sie das mit dem Dienstplan hinbekommen wollen“, schmunzelt Marcus Kaiser. „Bei allem, was wir machen, geht es darum, den jungen Kollegen die Wochen in Berlin so einprägsam wie möglich zu gestalten.“

Das Beste kommt zum Schluss: tolle neue Kollegen aus fernen Ländern

Und, wie macht sich die Garde 2024? Heimweh? Frühstück ohne Croissants? Reservierung ohne Bestätigung? „Unsere Azubis sind eine tolle Truppe und vom ersten Tag an hoch motiviert. Sie sind eifrig bei der Sache und helfen sich gegenseitig“, so Sophia Pfundstein.

„Dabei gibt es einen Aspekt, der uns besonders freut. Wir haben in unserer Branche schon immer mit Gästen und Mitarbeitern aus verschiedenen Ländern zu tun. Aber dieses Jahr haben wir eine nochmal etwas andere Form der Besetzung, was Altersstruktur, Lebenslinien und Herkunft betrifft. UnsereAltersbandbreite reicht von 18 bis 35 Jahre. 2/3 der Teilnehmer stammen aus Madagaskar, Kolumbien, Angola, Vietnam und dem Iran – aus Ländern, aus denen wir in jüngerer Zeit verstärkt Bewerbungen bekommen. Obwohl die meisten ein abgeschlossenes Studium oder schon Berufserfahrung haben, kommen sie allein nach Deutschland, weil sie sich hier größere Chancen für ihr Leben versprechen. Ohne sie ist auf mittel- und langfristig Sicht ein Aufrechterhalten der (Hotel-) Betriebe hierzulande fast nicht möglich. Insofern freuen wir uns ungemein darüber, dass wir im Unternehmen auch an dieser Stelle weiterwachsen. Für diese Kollegen hat die Hotellerie einen enorm hohen Stellenwert. Sie sind unfassbar fleißig und nehmen gerne das aufwendige Procedere in Kauf, hier Fuß zu fassen. Sie erreichen in ihren Berufsschulen durchgehend gute bis beste Noten und bringen sich persönlich zu 100% ein, weil sie mit so viel Freude bei der Arbeit sind.“

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