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Corona: Ministerium lehnt Klarsichtmasken ab

Das Gesundheitsministerium in Bayern hat seine bislang positive Bewertung von Klarsichtmasken revidiert. Dies bedeutet, dass Klarsichtmasken nicht mehr den geforderten Anforderungen an Mund-Nasen-Bedeckungen entsprechen. Andere Länder werden dieser Einschätzung wohl folgen.
Aerosolausbreitung beim Ausatmen durch die Nase. Die Versuchsperson atmet dabei gleichmäßig durch die Nase aus, ohne sich zu bewegen oder zu sprechen (Foto: Christian Schwarzbauer)
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Mittlerweile sind die Erkenntnisse über das SARS-CoV-2 Virus und dessen Übertragungswege weit fortgeschritten. Es gilt als wissenschaftlich gesichert, dass neben der Übertragung durch Tröpfchen maßgeblich auch die Übertragung des SARS-CoV-2 Virus durch Aerosole erfolgen kann. Gerade vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Infektionszahlen wurden deshalb verschiedene Mund-Nasen-Bedeckungen infektionsschutzfachlich hinsichtlich ihrer generellen Eignung neu beurteilt und bewertet.

Basierend auf dieser Neubewertung hat das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Bayern aktuell die Anforderungen an eine geeignete Mund-Nasen-Bedeckung aus infektionshygienischer Sicht wie folgt präzisiert:

„Neben dem direkten Schutz gegen Tröpfchen muss auch eine Reduzierung von Aerosolen gewährleistet sein. Aerosole werden nicht nur beim Sprechen, sondern auch schon beim Atmen freigesetzt. Da sie deutlich kleiner als Tröpfchen sind, ist es besonders wichtig, dass die Mund-Nasen-Bedeckung dicht an der Haut anliegt, um auch eine Freisetzung an der Seite oder nach unten zu minimieren. Deshalb ist eine Mund-Nasen-Bedeckung eine an den Seiten enganliegende, Mund und Nase bedeckende textile Barriere, die aufgrund ihrer Beschaffenheit geeignet ist, eine Ausbreitung sowohl von übertragungsfähigen Tröpfchenpartikeln als auch von Aerosolen durch Atmen, Husten, Niesen und Aussprache zu verringern, unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie. Aufgrund des Ausbreitungsverhaltens von Aerosolen ist eine lückenhafte Abdeckung nicht ausreichend, denn nur mittels einer eng an der Haut anliegenden Mund-Nasen-Bedeckung wird eine seitliche oder aufwärtsgerichtete Freisetzung dieser potentiell infektiöseren Luftgemische bestmöglich minimiert. Dies entspricht auch der Haltung des RKIs.

Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege schließt sich dieser Bewertung ausdrücklich an. Die infektionsschutzrechtlichen Anforderungen an eine zulässige Mund-Nasen-Bedeckung i. S. v. § 2 der 10. BayIfSMV werden daher insofern präzisiert, als zur Reduzierung von Aerosolen nur eine enganliegende, den Mund und die Nase bedeckende textile Barriere als Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden sollte. Diese Neubewertung steht im vollen Einklang mit den arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben.

Klarsichtmasken aus Kunststoff, auch wenn sie eng anliegen, entsprechen diesen Vorgaben an eine Mund-Nasen-Bedeckung regelmäßig nicht und sind den Visieren damit quasi gleichgestellt.“

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich andere Bundesländer dieser neuen Vorgabe und den Erkenntnissen der Studie anschließen.

Studie der Hochschule München

Zuvor hatte eine Pilotstudie der Hochschule München die Ausbreitung von Aerosolen bei Klarsichtmasken gezeigt. Im BioMedLab der Hochschule München testete Prof. Dr. Christian Schwarzbauer, Professor für Medizintechnik und Medizininformatik an der Fakultät für angewandte Naturwissenschaften und Mechatronik, die Klarsichtmaske eines süddeutschen Herstellers. „Wir haben uns für dieses Modell entschieden, weil es sehr verbreitet ist und zunehmend auch in Schulen und Kitas zum Einsatz kommt“, sagt Schwarzbauer. Die Klarsichtmaske wurde unter realistischen und praxisnahen Bedingungen untersucht. Dabei wurden typische Alltagssituationen berücksichtigt, wie man sie häufig in Schulen, Kitas, Büros oder auch in öffentlichen Verkehrsmitteln vorfindet.

Beispiel 1: Die Versuchsperson sitzt auf einem Stuhl und atmet durch die Nase aus

Das Foto oben zeigt die typische Ausbreitung des Aerosols. Zunächst strömt das Aerosol entlang des Körpers nach unten, wie es auch vom Hersteller beworben wird. Kurz darauf wird das Aerosol nach vorne umgelenkt und dehnt sich dann weit in den Bereich vor der Versuchsperson aus. Eine direkt gegenübersitzende Person wäre dadurch dem ausgeatmeten Aerosol direkt ausgesetzt. Gut zu erkennen ist auch, dass das Aerosol während der Ausbreitung zunehmend nach oben steigt, was durch den typischen Temperaturunterschied zwischen ausgeatmeter Luft und Raumluft begünstigt wird.

Beispiel 2: Die Versuchsperson geht durch den Raum und hustet dabei

In diesem Szenario ist eine besonders starke Ausbreitung des Aerosols zu beobachten. Durch mehrmaliges Husten entsteht eine ausgedehnte Aerosolwolke, die sich unmittelbar danach weiter im Raum ausdehnt. Die Ausbreitung des Aerosols erfolgt dabei relativ schnell — die beiden Bilder wurden im Abstand von 2 Sekunden aufgenommen. Sitzende Personen auf den Stühlen im Hintergrund wären einer hohen Aerosolkonzentration ausgesetzt, vor allem im Bereich des Gesichts und Oberkörpers.

Die Ergebnisse dieser Pilotstudie verdeutlichen die Problematik dieses Maskendesigns. „Ohne Zweifel sind diese Masken angenehm zu tragen, einen wirksamen Schutz vor Infektionen bieten sie allerdings nicht“, sagt Schwarzbauer. „Vor allem in geschlossenen Räumen, wie zum Beispiel in Schulen, Kitas, Büros oder öffentlichen Verkehrsmitteln, ist von der Verwendung solcher Masken dringend abzuraten“, ergänzt Prof. Dr. med. Christian Hanshans, Professor für medizinische Grundlagen und Medizintechnik an der HM, der diese Studie als Mediziner und Projektingenieur begleitete.

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