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Impfpflicht ab dem 16. März 2022? Was gilt wirklich und was gilt es für Arbeitgeber nun zu tun?

Es ist den meisten hinlänglich bekannt: In Deutschland gibt es eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Anders als unser Nachbarland Österreich hat sich die Politik in Deutschland bislang nicht dazu durchgerungen, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen. Angesichts des unklaren Gesetzestextes des § 20a IfSG im Infektionsschutzgesetz stellen sich immer mehr Betroffene, vor allem Arbeitgeber, die Frage, was jetzt zu tun ist. Abwarten? Einfach nichts machen oder proaktiv handeln? Dieser Beitrag von ETL- Rechtsexperte Dr. Uwe Schlegel von der ETL-Gruppe klärt auf.
torstensimon, Pixabay
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Vorweg: Eine ganz wichtige Unterscheidung

§ 20a IfSG wird irrtümlich mit einer Impfpflicht in Verbindung gebracht. Dass das nicht richtig ist, werden wir im nachfolgenden Abschnitt klären. Dennoch stimmt es, dass § 20a IfSG mittelbar dazu führt und auch ganz bestimmt nach dem Willen des Gesetzgebers dazu führen soll, dass sich Menschen, soweit bislang noch nicht geschehen, gegen das Coronavirus impfen lassen. Das betrifft einstweilen nur Personen, die bereits in einer der im Gesetz geregelten „Einrichtungen“ tätig sind (Näheres dazu, was eine solche „Einrichtung“ ist, enthält § 20a Abs. 1 IfSG). Sodann ist hinsichtlich der in einer Einrichtung tätigen Arbeitnehmer aber zu unterscheiden. Nämlich zwischen einem Arbeitnehmer, der schon vor dem 15. März tätig ist – nachfolgend auch „Alt-Arbeitnehmer“ genannt – und solchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die nach dem 15. März ihre Tätigkeit im Rahmen einer Neueinstellung beginnen werden, hier „Neu-Arbeitnehmer“ genannt. Letztere sind in der rechtlichen Handhabung einfacher zu beurteilen. Denn es ist einigermaßen rechtlich gesichert, dass Neu-Arbeitnehmer ohne den durch das Gesetz geforderten Immunitätsnachweis in den benannten Einrichtungen nicht tätig werden dürfen. Das heißt konkret: Eine solche Person kann nach dem 15. März ohne einen ausreichenden Nachweis der Immunität nicht (neu) eingestellt werden. Im Folgenden werden wir uns ausschließlich mit Alt-Arbeitnehmern befassen. Dort ist nämlich die rechtliche Beurteilung – anders als bei den Neu-Arbeitnehmern – in weiten Teilen unklar.

Es gibt gar keine Impfpflicht!

Es mutet an wie des Kaisers neue Kleider. Aber es ist wahr. Eine „echte“ Impfpflicht gibt es in Deutschland aktuell nicht. Der vielzitiere Gesetzestext, insbesondere § 20a IfSG, erwähnt das Wort „Impfpflicht“ folgerichtig nicht ein einziges Mal. Die Norm ist mit den Worten „Immunitätsnachweis gegen COVID-19“ überschrieben. Und das sagt schon alles. Nach § 20a IfSG ist niemand gezwungen, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Das fordert das Gesetz an keiner Stelle. Es mag sein, das ein Ungeimpfter ab dem 16. März 2022 nicht mehr in bestimmten Einrichtungen tätig sein darf und seinen Vergütungsanspruch verliert, aber das steht auf einem anderen Blatt. Erst einmal bleibt festzuhalten: Eine Pflicht derjenigen, die etwa in einer Pflegeinrichtung, einer (Zahn-)Arztpraxis oder einem Krankenhaus tätig sind, sich bis zu einem bestimmten Datum impfen zu lassen, gibt es nicht! Und einen Impfzwang postuliert das Gesetz schon mal gar nicht. Niemand muss befürchten, dass er gegen seinen Willen, womöglich unter Anwendung körperlichen Zwangs geimpft wird. Anderslautende Gerüchte sind reine Stimmungsmache aus gewöhnlich schlecht informierenden Kreisen.

Was sieht das Gesetz vor?

§ 20a IfSG sieht vor, dass „Personen“, also Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber(!), bis zum Ablauf des 15. März 2022 über einen gültigen Immunitätsnachweis verfügen müssen. Wenn wir an dieser Stelle die sog. Kontraindikation, also die Unverträglichkeit einer Impfung gegen das Coronavirus einmal außen vor lassen, bleiben nur zwei Möglichkeiten, den geforderten Immunitätsnachweis zu erbringen: entweder eine vollständige Impfung gegen COVID-19 nachzuweisen oder einen Genesenennachweis zu erbringen. Wer als geimpft bzw. genesen sein anzuerkennen ist, ergibt sich recht einfach aus den Ausführungen des Robert Koch-Instituts auf dessen Website. Der verlangte Immunitätsnachweis muss bis zu dem besagten Datum „der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens“ vorgelegt werden. Erfolgt der Nachweis nicht fristgemäß, muss insbesondere der Arbeitgeber schnellstmöglich eine Mitteilung machen, und zwar grundsätzlich an die örtlich zuständige Gesundheitsbehörde. Die Nachricht an die Behörde hat die betreffenden Personen zu benennen, mithin sind – so sieht es das Gesetz ausdrücklich vor – personenbezogene Daten zu übermitteln, sodass die Behörde die Personen, die keinen oder einen nicht ausreichenden Nachweis erbracht haben, identifizieren kann. Im Anschluss daran wird die Behörde voraussichtlich die ihr bekannt gewordenen Personen auffordern, ihr gegenüber, also der Behörde gegenüber den geforderten Nachweis zu erbringen. Geschieht das nicht innerhalb einer angemessenen Frist, kann (nicht muss!) die Behörde der Person untersagen, die jeweilige Einrichtung zu betreten oder gar dort tätig zu werden. Gerichtliche Schritte gegen eine solche behördliche Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung. Bis hierhin gilt: das Gesetz ist einigermaßen klar und verständlich. Jetzt aber beginnen die Probleme.

Was regelt das Gesetz nicht?

Soweit die Dinge wie im vorangehenden Abschnitt dargestellt noch einigermaßen nachvollziehbar aus dem Gesetzestext hervorgehen, bleiben eine ganze Reihe praxisrelevanter Fragen bedauerlicherweise ungeklärt:

Was gilt ab 16. März hinsichtlich derjenigen Personen, die bis dahin den geforderten Immunitätsnachweis nicht vorgelegt haben? Dürfen diese Menschen bis zum Ausspruch eines behördlichen Betretungs- und Tätigkeitsverbots weiterarbeiten? Wenn nein, wie steht es um die an sich durch den Arbeitgeber geschuldete Vergütung? Drohen Strafen? Darf/muss der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen? Fragen über Fragen, die das Gesetz entweder gar nicht oder jedenfalls nicht eindeutig beantwortet.

Eine Pflicht zur Kündigung ungeimpfter Arbeitnehmer gibt es nicht!

§ 20a IfSG mag ein gutes Beispiel für ein schlecht gemachtes Gesetz sein. An einer Stelle muss man den Gesetzgeber aber in Schutz nehmen. Es kann nicht die Aufgabe des IfSG sein, darüber zu befinden, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber aus dem fehlenden Immunitätsnachweis eines oder mehrerer Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Konsequenzen zieht. Um es klar zu sagen: Das Gesetz schreibt keinem Arbeitgeber vor, ungeimpfte Arbeitnehmer zu kündigen, sondern verbietet lediglich die Einstellung eines (Neu-)Arbeitnehmers, der über keinen ausreichenden Immunitätsnachweis verfügt. Wie mit den Alt-Arbeitnehmern zu verfahren ist, lässt das Gesetz offen. Insbesondere gibt es keine „Kündigung nach Infektionsschutzgesetz“.

Zulässige Beschäftigung von Alt-Arbeitnehmern über den 16. März 2022 hinaus?

Die wahrscheinlich alles entscheidende Frage ist die nach der gegebenenfalls auch nur vorübergehenden Weiterbeschäftigung von Alt-Arbeitnehmern nach dem 16. März. Und hier ist eines wiederum klar: Das Gesetz klärt diese Frage nicht! Nicht in § 20a IfSG und auch nicht in § 73 IfSG. § 73 IfSG befasst sich mit Bußgeldvorschriften, die im Zusammenhang mit Verstößen gegen das IfSG stehen. Auch insoweit lassen sich dem Gesetz eindeutige Antworten zu der aufgeworfenen Frage nicht entlocken. Wer im Internet oder anderswo recherchiert, wird widersprüchliche Antworten finden, was ein ziemlich sicherer Hinweis darauf ist, dass jedenfalls der Gesetzeswortlaut (leider) nicht ergiebig ist. Damit muss die Frage rein rechtlich gesehen bis zu einer Klärung durch den Gesetzgeber oder auch angerufene Gerichte einstweilen unbeantwortet bleiben. Das gleiche gilt übrigens auch für die Frage, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den 16. März hinaus ohne Arbeitsleistung vergüten muss, wenn sich der Arbeitgeber entscheiden sollte, den Arbeitnehmer, der keinen Immunitätsnachweis eingereicht hat, (einstweilen) nicht weiter beschäftigen zu wollen.

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