Ein Kleinunternehmen zu führen oder selbstständig tätig zu sein, ist schon im „Normalzustand“ mitunter kein Zuckerschlecken und kann zu Lasten der mentalen Gesundheit gehen. Ein Drittel der deutschen Kleinunternehmer*innen fühlt sich regelmäßig – also mehrmals in der Woche (15 Prozent) oder im Monat (20 Prozent) – gestresst, weitere 27 Prozent immerhin noch mehrmals im Jahr. Weitere Symptome, die regelmäßig auftreten sind Schlafstörungen oder Schlaflosigkeit (27 Prozent), verstärkte körperliche Beschwerden wie Rückenschmerzen, Migräne oder Magen-Darm-Beschwerden (24 Prozent), Erschöpfung (23 Prozent) und Konzentrationsschwierigkeiten (19 Prozent). Obwohl es sich für die Mehrheit (61 Prozent) allgemein positiv auf die mentale Gesundheit und das Befinden auswirkt, ein eigenes Unternehmen zu haben, gab unter dem Eindruck der bestehenden Pandemie ein Viertel ihren mentalen Zustand und ihr persönliches Befinden in dieser Zeit als eher oder sehr angespannt an. Vor dem Hintergrund, dass seit Beginn der Pandemie ebenfalls mehr als ein Viertel (27 Prozent) zu irgendeinem Zeitpunkt Angst hatte, das eigene Unternehmen aufgeben zu müssen, verwundert die hohe mentale Belastung kaum. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Umfrage des auf kleine Unternehmen spezialisierten Kreditanbieters iwoca in Zusammenarbeit mit YouGov*, für die Ende 2021 514 Kleinunternehmer*innen und Selbstständigen in Deutschland befragt wurden.
„Dass es für die Mehrheit in erster Linie eine positive Erfahrung ist, ein kleines Unternehmen zu führen, ist eine gute Nachricht. Denn nur, wenn das Unternehmertum attraktiv bleibt, wird uns die vielfältige Unternehmenslandschaft in Deutschland mit all ihrer Innovations- und Wirtschaftskraft erhalten bleiben“, kommentiert Hilal Güngör, Head of Operations bei iwoca Deutschland, die Ergebnisse. „Daher ist es essenziell, derlei Existenzängste, wie sie aufgrund der Pandemie entstanden sind, zu verhindern, um diesen Unternehmergeist zu erhalten.“
Größte Belastung und Ängste im Tourismus und Gastgewerbe
Mit am stärksten betroffen von der Angst, das eigene Unternehmen aufgeben zu müssen, waren tendenziell Unternehmer*innen und Selbstständige in Tourismus und Gastgewerbe (50 Prozent) ** sowie Groß-und Einzelhandel (33 Prozent). Vor allem für die erstgenannte Branche war das Kurzarbeitergeld ein wichtiges Instrument, um die Krise zu überstehen. Hier haben 21 Prozent einen Antrag darauf gestellt, während über alle Branchen hinweg nur 7 Prozent auf dieses Mittel zurückgegriffen haben. Gefragt danach, ob die erleichterten Regelungen beim Zugang zu Kurzarbeitergeld über den 31. Dezember 2021 hinaus verlängert werden sollten, stimmt jedoch dennoch branchenübergreifend die Hälfte aller Befragten (51 Prozent) voll oder bedingt zu. Die Zustimmung im Tourismus und Gastgewerbe liegt mit drei Vierteln noch einmal deutlich höher. Nur rund ein Drittel aller Befragten (32 Prozent) ist hingegen strikt oder eher dagegen und meint Unternehmen, die jetzt noch von dieser Sonderregelung Gebrauch machten, würden das nicht mehr Pandemie-bedingt tun.
Die immens gestiegene Belastung von Kleinunternehmer*innen und Selbstständigen seit März 2020 zeigt sich auch darin, dass sie in dieser Zeit deutlich weniger Urlaub im Vergleich zu vor der Pandemie genommen haben. Waren es 2018 noch rund zwei von zehn (21 Prozent), die keinen einzigen Urlaubstag genommen haben, lag diese Zahl in 2020 mit 38 Prozent bereits um 81 Prozent höher. Auch in dieser Hinsicht sind Tourismus und Gastgewerbe mit am stärksten betroffen. In dieser Branche gaben 46 Prozent an, im Jahr 2020 keinen Urlaub genommen zu haben. Ähnlich wenig Zeit für Entspannung und Erholung hatten Befragte aus ebenso hart von der Pandemie getroffenen Branchen wie Kunst, Unterhaltung und Freizeit, Groß- und Einzelhandel sowie unternehmensbezogene Dienstleistungen.
Familie und Freundeskreis während Pandemie wichtigste Stütze
Während der Pandemie und der damit noch gestiegenen Belastung waren für die meisten Kleinunternehmer*innen und Selbstständigen die Familie (49 Prozent) und der Freundeskreis (29 Prozent) die wichtigsten Stützen, die ihnen durch schwierige Zeiten geholfen und sie auch mental unterstützt haben. Danach folgen andere Selbstständige oder Kleinunternehmer*innen (13 Prozent) und die eigenen Mitarbeitenden (10 Prozent). Nur drei Prozent wandten sich professioneller Beratung zu. Sechs Prozent haben durch niemanden (mentale) Unterstützung erfahren, hätten dies rückblickend aber als nötig oder gut empfunden. Für rund drei von zehn (28 Prozent) ist eine solche Unterstützung nicht notwendig gewesen.
„Die Pandemie war für Kleinunternehmen und Selbstständige eine extreme Belastungsprobe. Und das nicht nur für diejenigen, deren Arbeitspensum in dieser Zeit gestiegen ist, sondern vor allem auch für diejenigen, die durch die Corona-Schließungen direkt oder indirekt betroffen waren und somit zwangsweise weniger zu tun hatten“, stellt Hilal Güngör fest. „Doch das Rückgrat der deutschen Wirtschaft hat sich als äußerst resilient erwiesen. In Gesprächen mit unseren Kund*innen sehen wir, dass die schwierigste Phase überstanden zu sein scheint und die Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer überwiegend optimistisch und voller Tatendrang in die Zukunft schauen. Daher gilt es jetzt, sie wo immer es nur geht, dabei zu unterstützen, gestärkt aus der Pandemie herauszukommen – sei es mental, finanziell oder in anderer Form.“
* Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 514 Personen zwischen dem 27.10. und 04.11.2021 teilnahmen. Die Befragten sind Inhaber*innen / Entscheidungsträger*innen in Kleinstunternehmen bis zu 9 Mitarbeiter. Die für den Vergleich zu vor der Pandemie verwendeten Daten beruhen ebenfalls auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 511 Inhaber*innen / Entscheidungsträger*innen in Kleinstunternehmen bis zu 9 Mitarbeiter zwischen dem 29.05. und 03.06.2019 teilnahmen.
**Die Zahl der Befragten liegt in dieser Teilgruppe bei N=28 und ist deshalb nur stark eingeschränkt bedeutsam.