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Urteil: Hinzuschätzung bei gravierenden Kassenführungsmängeln zulässig

Die Kassenführung steht im Zentrum vieler Betriebsprüfungen in der Gastronomie und Hotellerie und ist regelmäßig Gegenstand von Finanzgerichtsverfahren. Im Dezember 2019 musste beispielsweise das Finanzgericht Münster entscheiden, ob es beim Betreiber eines Sushi-Restaurants schwerwiegende Mängel bei der Kassenführung gab und ob das Finanzamt deshalb Hinzuschätzungen durchführen durfte. Für Unternehmen stellt sich die Frage, welche Kassenführungsmängel eine Schätzung ermöglichen. Was bedeuten Hinzuschätzungen aufgrund fehlerhafter Buchführung und wie können Gastronomie- und Hotelbetriebe ebensolche verhindern?
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Worüber hat das Gericht verhandelt?

Das Finanzgericht Münster (FG Münster) hat darüber verhandelt, ob beziehungsweise in welcher Höhe Hinzuschätzungen durch das Finanzamt bei den Umsätzen eines Restaurantbetreibers zulässig waren. Hierbei handelte es sich um den Betreiber eines Sushi-Restaurants, der in den Streitjahren 2010 bis 2012 überwiegend Bareinnahmen erzielte. Er arbeitete mit einer älteren elektronischen Registrierkasse, die keine Fiskaljournaldaten erfassen konnte und aufgrund geringer Speicherkapazitäten zunächst aufgezeichnete Daten überschrieb. Dieser Restaurantbetreiber verwahrte lediglich die ausgedruckten Tagesendsummenbons (Z-Bons) der jeweiligen Geschäftstage, während er die Warengruppenberichte vernichtete.

Für unbare Umsätze nutzte er ein Kartenlesegerät. Allerdings wies das Kassensystem alle Umsätze als Bareinnahmen aus. Der Restaurantbetreiber schrieb die Tageseeinnahmen in einem Kassenbuch auf, das er mit einer standardmäßigen Tabellenkalkulationssoftware erstellte. Das Finanzamt ortete anlässlich einer Außenprüfung Aufzeichnungsmängel bei der elektronischen Kassenführung und kritisierte unter anderem, dass der Restaurantbetreiber die gespeicherten Tageseinnahmen täglich gelöscht hatte. Zudem seien bare und unbare Umsätze nicht separat erfasst worden. Außerdem fehle eine Verfahrensdokumentation zur elektronischen Registrierkasse. Aufgrund der Mängel nahm das Finanzamt Hinzuschätzungen vor. Dagegen brachte der Restaurantbetreiber eine Klage ein, die jedoch erfolglos blieb.

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Wie hat das FG Münster geurteilt?

Das FG Münster bejahte die Schätzungsbefugnis des Finanzamts und hielt auch die Höhe der Hinzuschätzungen für zulässig (Urteil des FG Münster vom 20. Dezember 2019, 4 K 541/16 E,G,U,F). Ein gravierender formeller Mangel ergebe sich bereits daraus, dass der Restaurantbetreiber die Umsätze mit einem standardmäßigen Tabellenkalkulationsprogramm (Numbers für Mac) aufgezeichnet hatte. Damit sei die fortlaufende, vollständige und korrekte Erfassung aller Bareinnahmen nicht gewährleistet. Außerdem konnten die mangelhaften Aufzeichnungen des Restaurantbetreibers die Kassensturzfähigkeit im Gastronomiebetrieb nicht sicherstellen.

Hinzuschätzungen aufgrund fehlerhafter Buchführung – was bedeutet das?

Bei einer Betriebsprüfung kontrollieren die Finanzprüfer, ob die Kassenführung ordnungsgemäß ist. Falls sie Mängel in der Kassenführung und eine fehlerhafte Buchführung feststellen, darf das Finanzamt Hinzuschätzungen vornehmen. Das bedeutet, dass der Finanzbeamte durch eine Schätzung die Umsätze des Betriebes höher ansetzt und damit die Besteuerungsgrundlage des Unternehmens korrigiert. In der Gastronomie erfolgt die Hinzuschätzung basierend auf den Richtsätzen für gastronomische Betriebe. Durch die Erhöhung der Umsätze kommen auf das jeweilige Unternehmen Steuernachzahlungen zu.

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Wie können Hinzuschätzungen verhindert werden?

Gastronomen und Hoteliers, die Hinzuschätzungen verhindern möchten, müssen auf eine transparente Buchführung und eine lückenlose Dokumentation achten. Demnach sind die Warenwirtschaft, Veranstaltungen und spezielle Angebote sowie die Abrechnungen der Kasse vollständig und korrekt zu dokumentieren. Gastronomen und Hoteliers können mit einigen Maßnahmen Beanstandungen und unangenehme Hinzuschätzungen durch den Finanzprüfer verhindern:

Themen in diesem Artikel
Software und SystemeGerichtsurteilKassensystem
  • Verluste, Schwund und Bruch stets aufzeichnen (Bruchzettel)
  • Sonderangebote und Rabattaktionen vermerken: Darunter fallen auch günstige Preise bei einer Happy Hour.
  • Bewirtungen und Leistungen für das Personal dokumentieren
  • Änderungen bei den Speise- und Getränkepreisen anhand der alten Speise- und Getränkekarten nachweisen
  • Änderungen bei den Artikeln nicht überschreiben, sondern die entsprechenden Produkte neu anlegen
  • Rabatte überarbeiten
  • Warenwirtschaft ordentlich führen, verwalten und dokumentieren (Gegenüberstellung eingekaufter Waren und verkaufter Waren)

Unternehmen müssen eine lückenlose Kassenführung vorweisen. Dafür benötigen sie ein Kassensystem, das im Einklang mit den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung (GoBD) sämtliche Vorfälle einwandfrei dokumentiert. Insgesamt sind alle Geschäftsvorgänge einzeln, vollständig, korrekt, zeitgerecht und geordnet zu erfassen. Die tägliche Erfassung der Einnahmen und Ausgaben soll die Kassensturzfähigkeit gewährleisten, die als wesentlicher Indikator für eine ordnungsgemäße Kassenführung gilt. Laut Kassensicherungsverordnung müssen Betriebe ab 2020 ihre elektronischen Kassensysteme mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung ausstatten.

Seit dem Buchführungsjahr 2017 müssen Unternehmen, die elektronische Kassensysteme nutzen, zusätzlich zu den Tagesendsummenbons (Z-Bons) auch die elektronischen Einzeldaten zur Vorlage bereit halten. Sie sollten keine elektronischen Kassen verwenden, die Stornobuchungen auf Tagesendsummenbons nicht anführen können. Fehlende Stornobuchungen begründen nämlich einen schwerwiegenden formellen Mangel. Des Weiteren müssen Gastronomen und Hoteliers die Z-Bons über mehrere Jahre aufbewahren. Diese Aufbewahrungspflicht schließt nicht nur die gespeicherten Daten, sondern auch die Protokolle zur Programmierung der verwendeten Registrierkasse und die Bedienungsanleitungen ein.

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